© Jan Bitter / video art © Guido van der Werve

Die Räume des „Fluentum“ befinden sich in einem Teil des Gebäudekomplexes an der Clayallee im Berliner Ortsteil Dahlem, der von den Architekten Fritz Fuß und Ernst Sagebiel zwischen 1935 und 1938 als Sitz des Luftgaukommandos III geplant und gebaut wurde. Ab 1945 wurde die Anlage von den Streitkräften der Vereinigten Staaten requiriert und als deren Berliner Hauptquartier und Sitz des US-amerikanischen Militärgouverneurs General Lucius D. Clay genutzt. Obwohl der Bau bei der Übernahme bereits einer gründlichen „Entnazifizierung“ unterzogen wurde, ist seine Provenienz auch heute noch unübersehbar. Deshalb kam für das Herangehen an die Aufgabe, diese Räume zu einem Privatmuseum für Videokunst umzubauen, kein klassischer Ansatz von Restauration oder Rekonstruktion in Frage.

Entsprechend wurden die vorgefundenen Räume im Wesentlichen erhalten, jedoch auf ihre Grundstruktur reduziert. Dabei wurde die demonstrative Materialität der Ausstellungsräume (schwarzer Lahnmarmor) durch Weglassen der Deckenverkleidung als „Kulisse“ entlarvt, die auch und vor allem im Kontrapunkt zu den auf großen Leinwänden projizierten Videowerken ihre massive Monumentalität ganz verliert. Die Wirkung dieses Eingriffs dient zudem einer „Entschleunigung“ des Raums beim Durchschreiten, da statt der ursprünglichen Abhangdecke mit ihrem Relief in Längsrichtung nun die in Querrichtung verlaufenden Stahlbetonrippen den Eindruck prägen.

In ähnlicher Weise wurden auch an anderer Stelle die gestalterischen Mittel der repräsentativen NS-Architektur durch subtile Maßnahmen konterkariert: Beispielsweise blieb der Saal im Obergeschoss in seiner räumlichen Konfiguration unverändert, bei der Erneuerung des Tafelparketts, das in desolatem Erhaltungszustand war, wurde jedoch ein im Vergleich zum Original um 30 Prozent vergrößertes Verlegeraster gewählt. Dieses lässt den Raum nun deutlich kleiner erscheinen. Der zuvor Ehrfurcht gebietende Maßstab wird gebrochen und der Raum auf ein menschlicheres Maß gebracht.

Natürlich verlangten die neuen Nutzungsansprüche Intervention durch neues Mobiliar, das nun – frei im Raum platziert – dem Bestand eine deutlich eigene, eher zurückhaltende Haltung entgegensetzt.

Die amerikanische Besatzungsmacht versuchte die Geister der Vergangenheit in diesen Räumen durch goldene Wandinschriften gutgemeinter Zitate von Freiheit und Demokratie zu vertreiben. Die Wandinschriften wurden restauriert und repräsentieren einen Teil der Geschichte des Hauses. Die Architektur des Fluentum eröffnet nun in subversiver Weise eine vielfältige Wahrnehmungs- und Bedeutungswelt, die den unterschiedlichen Narrativen der Kunst eine eigene Geschichte zur Seite stellt.

© Jan Bitter / video art © Guido van der Werve
© Jan Bitter / video art © Guido van der Werve

Aufgabe

  • Umbau der Innenräume des ehemaligen US-Hauptquartiers zu einer Galerie für einen Kunstsammler

Daten

  • Bruttogeschossfläche: 1.281 m²
  • 2017 — 2019

Projektteam